100 Jahre Adalbert-Stifter-Denkmal in Oberplan

Eigentlich sollte das Denkmal Adalbert Stifters auf dem Oberplaner Gutwasser-Berg aus Anlaß seines 100. Geburtstages bereits am 23. Oktober 1905 eingeweiht werden. Dem Wiener Unterrichtsministerium hat jedoch der Denkmalentwurf nicht sonderlich gefallen. So erhielt der akademische Bildhauer Karl Wilfert der Jüngere aus Eger einen neuen Auftrag, und das von ihm geschaffene Denkmal wurde am 26. August 1906 unter Anteilnahme von rund 6000 (sechstausend!) Festgästen, darunter über 100 Vereinen, feierlich enthüllt. Das Denkmal zeigt den Dichter naturgetreu in Überlebensgröße auf einem Granitsockel mit einem stimmungsvollen Zitat aus seiner Erzählung "Hochwald". Vom Denkmal aus konnte man damals (heute sind die gepflanzten Bäume schon zu hoch) ungehindert auf den Ort Oberplan, das Moldauherz, die Burgruine Wittinghausen und die Berge des Böhmerwaldkammes wie Hochficht, Plöckenstein und Dreisessel schauen.

So wie der Stifter-Obelisk in der Seewand des Berges Plöckenstein, der auf den Tag genau 29 Jahre früher eingeweiht worden war, überstand auch das Oberplaner Denkmal die Wirren der Zeit einschließlich der kommunistischen Herrschaft unbeschädigt. Lediglich der das Denkmal umgebende, damals nach und nach sorgsam angelegte "Stifter-Park" mit zahlreichen besonderen Bäumen und Sträuchern, verwilderte vollständig und war kaum mehr begehbar. Eine Initiative aus heutigen meist jüngeren Oberplaner Bürgern hat es sich vor einigen Jahren zur Aufgabe gemacht, diesen Park möglichst nahe dem Original wieder zu restaurieren, und ist in diesem Bemühen bereits sehr weit gekommen.

Für wiederum auf den Tag genau 100 Jahre nach der Einweihung des Oberplaner Adalbert-Stifter-Denkmals, für den 26. August 2006, hatte nun die Stadt Oberplan gemeinsam mit dem Oberplaner Kultur- und Informationszentrum sowie dem Oberplaner "Verein für Erneuerung und Entwicklung des Stifter-Parks auf dem Gutwasserberg" zur Jubiläumsfeier eingeladen. In einer "Begegnung beim Adalbert-Stifter-Denkmal" sollte am Abend des Tages des Dichters und der Errichtung seines Denkmals gedacht werden, mit einem anschließenden Konzert in der nahegelegenen, durch eine Initiative deutscher vertriebener Oberplaner wieder renovierten Gutwasser-Kirche. Die Teilnehmer an der "Begegnung" waren aufgerufen, Blumen mitzubringen, um sie zu Ehren des Dichters am Denkmal niederzulegen. Freilich war das Blumenmeer zu Füßen des Dichters am Ende wesentlich geringer als die dreißig bei der Einweihung niedergelegten Kränze, Adalbert Stifter jedoch würde sich über die Wiesen- und Gartenblumen sicher genauso gefreut haben wie über die damaligen Kränze.

Eingeleitet wurde die kleine Jubiläumsfeier mit einer Ansprache des Oberplaner Bürgermeisters Jiří Hůlka, der nicht nur die Gäste begrüßte, sondern auch die Bedeutung Stifters für Oberplan in Vergangenheit und Gegenwart würdigte. Dass das kleine Böhmerwald-Städtchen Oberplan heute in aller Welt bekannt sei, habe es ausschließlich seinem großen Sohn Adalbert Stifter zu verdanken, in dessen Verehrung sich die früheren deutschen und heutigen tschechischen Bewohner einig seien. Lenka Hůlková, Kustodin des Oberplaner Stifter-Museums (eingerichtet in Stifters Geburtshaus) und Gründerin sowie Vorsitzende des Erneuerungsvereins für den Stifter-Park, schilderte daraufhin anschaulich die eindrucksvolle Einweihungsfeier vor einhundert Jahren, die damals zu einem der großen Höhepunkte im kulturellen Leben Oberplans zählte.

Die Festrede hielt Dr. Jan Anton Mager aus Prachatitz. Er ging ausführlich auf die Verhältnisse der Zeit vor hundert Jahren ein, in welcher der Plan zum Denkmal entstand und verwirklicht wurde, wobei er u.a. nicht vergaß zu betonen, dass damals Oberplan eine rein deutsche Bevölkerung hatte und unter den über eintausend Bewohnern lediglich fünf Tschechen lebten. Vor allem aber befasste er sich mit dem Schöpfer des Denkmals, dem akademischen Bildhauer Karl Wilfert aus Eger, dessen Herkunft, Leben und Schaffen er ausführlich würdigte. Angeführt vom Oberplaner Bürgermeister, legten am Schluss der Feier die Teilnehmer ihre mitgebrachten Blumen am Fuße des Adalbert-Stifter-Denkmals nieder.
Das anschließende Konzert in der stimmungsvoll mit Kerzen erleuchteten Gutwasser-Kirche wurde von den Musikpädagogen Václav Dejmek und Helena Tomanová an der Orgel sowie Schülern und Gästen der Musikschule aus Wallern gestaltet. Zur Aufführung kamen Werke von Bach, Mozart, Praetorius, Dvořák und anderen Komponisten. Beschlossen wurde das Konzert mit Mozarts "Ave verum".

Im Scheine von aufgesteckten Fackeln fanden die Teilnehmer dann nach Feier und Konzert ihren Weg durch den wieder entstehenden Stifter-Park hinunter in den Ort Oberplan, über dem auch nach hundert Jahren noch unverändert Adalbert Stifters Denkmal steht und hoffentlich noch viele Jahre und Jahrzehnte stehen wird.

Autor: Horst Löffler


EuroJournal Heft 2/2005Artikel dem EuroJournal,
Mühlviertel – Böhmerwald (Heft 1/1997)
www.eurojournal.at
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die Kirche St. Thoma bei Wittinghausen
Das Stifter-Denkmal auf dem Oberplaner Gutwasser-Berg stammt vom Bildhauer Karl Wilfert dem Jüngeren aus Eger. Es wurde am 26. August 1906 enthüllt.

der Innenraum der Kirche
Genau 100 Jahre nach der Einweihung des Oberplaner Adalbert-Stifter-Denkmals, am 26. August 2006, wurde zur Jubiläumsfeier geladen. Fotos oben: Reinhold Tauber

der Innenraum der Kirche
Oberplan, ca. 1823; Ausschnitt eines Stifterbildes. Bildquelle: Museum Oberplan