Festrede des südböhmischen Kreishauptmanns
RNDr. Jan Zahradník
zur Stifterjahr-Eröffnung am 28. Jänner 2005:
Dichter des Böhmerwaldes – so wird oft der Schriftsteller österreichischer Herkunft Adalbert Stifter bezeichnet. Vor zweihundert Jahren wurde er als Sohn eines Häuslers und Webers in der südböhmischen Stadt Oberplan (Horní Planá) geboren, studierte Jura, Mathematik und Naturwissenschaften an der Universität in Wien und ließ sich später in Linz nieder, wo er als Schulinspektor und Organisator des oberösterreichischen Schulwesens wirkte.
Dichter des Böhmerwaldes wurde er jedoch aufgrund seines künstlerischen Schaffens, welches ihn einerseits zu einem der größten Dichter und Schriftsteller machte, der aus der Mitte der in Böhmen lebenden deutschen Bevölkerung hervorgegangen ist, und welches andererseits – genau wie der von ihm geliebte Böhmerwald – keine Grenzen kennt.
In diesem Zusammenhang ist es mehr als selbstverständlich, dass das bevorstehende Stifterjahr von einer ganzen Reihe von tschechisch-österreichischen Projekten begleitet wird, die nicht nur an das moralische Vermächtnis des Stifterschen Werkes erinnern sollen. Sie können und sie sollen auch ein Fest der tschechisch-österreichischen Zusammenarbeit werden, die sich seit dem Fall des »Eisernen Vorhangs« nicht nur auf der offiziellen Ebene zwischen dem Bundesland Oberösterreich und dem Südböhmischen Kreis erfolgreich entwickelt, sondern vor allem zwischen den verschiedensten Institutionen, Schulen und Einzelpersonen. Sei es auf dem Gebiet der Kultur, der Bildung oder der Wirtschaft – der Wert dieser Zusammenarbeit besteht darin, dass sie die noch existierenden überflüssigen Vorurteile abbaut und den Weg der Verständigung von Menschen in den beiden Nachbarregionen zeigt.
Im Jahre 1852 hat Adalbert Stifter geschrieben: »Den Freunden der selben Beschaffenheit fröhliche Augenblicke vorzubereiten, ihnen allen – den bekannten oder unbekannten – Grüße senden, und zum Bau der Ewigkeit mit einem Körnchen Gutes beizutragen, das hatte ich beim Schreiben im Sinne, und das werde ich auch weiter im Sinne haben. Ich wäre sehr froh, wenn ich mit Sicherheit wüsste, dass ich dieses Vorhaben vielleicht erreichte."
Verehrte Damen und Herren, gestatten Sie mir, dass ich mich diesen Worten mit dem Wunsch anschließe, dass uns das bevorstehende tschechisch-österreichische Stifterjahr gemeinsam zu der Erkenntnis führt, dass wir alle Freunde der selben Beschaffenheit sind und dass das Vermächtnis Adalbert Stifters auch tatsächlich zu einem Körnchen Gutes im Bau der Ewigkeit geworden ist.
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